Fahrplanentwurf SPNV 2024: Bürgermeister schreibt Ministerin Karawanskij
Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft
Frau Susanna Karawanskij
Status Quo und Rückentwicklung auf der Saalebahn
Sehr geehrte Frau Karawanskij,
mit deutlicher Irritation habe ich den aktuellen Fahrplanentwurf 2024 auf der Saalebahn zur Kenntnis genommen, der ab Dezember zu erheblichen Veränderungen zwischen Naumburg und Saalfeld/Saale führen wird.
Danach entfällt der bisherige 30-Minuten-Takt auf der Strecke von Saalfeld/Saale nach Naumburg – Halle/Leipzig. Es existiert nur noch ein 60-Minuten-Takt. Der RE Saalfeld-Leipzig verkehrt unmittelbar hinter der sowieso schon fahrenden Regionalbahn – Abstand hier zwischen 10 bis 15 Minuten. Der bisher verkehrende IC wird um zwei Zugpaare ergänzt. Auch hier verkehren die Züge im gleichen Abstand wie der Regionalexpress hinter der RB. Einzelne Züge werden streckenweise zwischen Saalfeld/Saale und Jena mit der Orlabahn verknüpft. Von Taktfahrplan kann da in keinem Fall mehr die Rede sein. Zudem ist eine regelmäßige schnelle Anbindung an die Region Halle/Leipzig auch nicht mehr vorhanden.
Zusammenfassend gesagt: Der Franken-Thüringen Express verkehrt momentan mit acht Zugpaaren und wird durch zwei im IC-Verkehr ersetzt. Das dritte Zugpaar verkehrt auch jetzt schon. Es entfallen also sechs Zugpaare zwischen Nürnberg und Leipzig. Der bisher nach Jena verkehrende RE wird bekanntlich nach Leipzig durchgebunden, aber so ungünstig in der Fahrplanlage verschoben, das kein Halbstundentakt mehr existiert. Damit wird der Nahverkehr auf das Niveau von 2000 zurückversetzt. Absolut unverständlich ist, dass der Franken-Thüringen-Express über Coburg nach Erfurt parallel zum sowieso schon alle 30 Minuten verkehrenden ICE zusätzlich verkehrt und aus dem Saaletal abgezogen wird.
Mit der Einführung des 49 Euro-Tickets erwarte ich, speziell auf den Hauptpendelstrecken von Saalfeld/Saale nach Jena, Gera und Erfurt, eine deutliche Zunahme der Fahrgastzahlen, da politisch gewollt die Fahrt mit dem Zug gegenüber dem Auto konkurrenzlos günstig wird. Daher ist es absolut inakzeptabel und am Thema „Klimaschutz und Mobilitätswende“ vorbei, wenn sich das Angebot auf der Saalbahn derart verschlechtert. Die Abschaffung des 30-Minuten-Taktes auf der Strecke von Saalfeld/Saale nach Naumburg – Halle/Leipzig und die Folgelösungen machen in Summe keinen Sinn und sind absolut nicht im Interesse der Menschen, die tagtäglich auf dieser Strecke pendeln bzw. ab Mai 2024 evtl. pendeln wollen. Zudem befördern lange Umstiegszeiten und verschlechterte Anschlussbeziehungen in die gesamte Region ebenso nicht die Motivation, ganz oder öfters auf das Auto zu verzichten.
Für die Stadt Saalfeld/Saale sowie die gesamte Region ist Kummer bezüglich des Bahnangebotes nicht neu. Nach dem 2017 erfolgten Wegfall der stündlichen ICE-Verbindungen durch das Saaletal wurden als Ersatz zwei jeweils zweistündliche Regionalexpresslinien nach Nürnberg sowie nach Halle und Leipzig eingerichtet, ergänzt durch eine stündliche Regionalbahnlinie nach Halle. Mit der in 2021 geplanten Einführung einer neuen zweistündlichen IC-Linie durch das Saaletal zum Fahrplanwechsel 2023/2024 war absehbar, dass der Nahverkehr neu geordnet werden muss. Aus städtischer Sicht sollte diese Neuordnung jedoch genutzt werden, um weitere Verbesserungen für Fahrgäste des SPNV zu schaffen. U. a. sollte die IC-Linie durch eine RE-Linie Nürnberg – Saalfeld/Saale – Jena – Leipzig zum Stundentakt verdichtet werden. Zusätzlich wäre die tarifliche Öffnung des IC auf Teilstrecken für Nahverkehrstickets sinnvoll, um den Stundentakt auf dieser Verbindung durch Fahrgäste des SPNV zu nutzen.
Den aktuelle Fahrplanentwurf 2024 ist ein weiterer Schlag in das Gesicht der Saalebahn und des ländlichen Raums. Mit Blick auf Klimaschutz und Mobilitätswende ist der vom Freistaat abgestrebte Saalebahn-Takt absolut inakzeptabel, lebensfern und trägt nicht zu einem gesamtgesellschaftlichen Konsens bei.
Sehr geehrte Frau Karawanskij,
im Ergebnis des Vorgenannten appelliere ich mit Nachdruck gegenüber Ihnen, Ihrem Ministerium und dem Landesamt für Bau und Verkehr, den Fahrplanentwurf 2024 zu überdenken, den 30-Minuten-Takt auf der Strecke von Saalfeld/Saale nach Naumburg – Halle/Leipzig aufrechtzuerhalten und das Angebot von umsteigefreien stündlichen Bahnverbindungen von Saalfeld/Saale nach Nürnberg sowie nach Jena, Leipzig und Halle sicherzustellen. Dabei sollten ergänzend zum geplanten IC-Takt im Saaletal schnelle Regionalexpresszüge durch den Freistaat Thüringen bestellt werden, die die Linie Nürnberg – Saalfeld/Saale – Jena – Leipzig zum Stundentakt verdichten. Alles andere wäre ein völlig falsches Zeichen für die Menschen vor Ort. Die Verkehrswende gelingt so nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Steffen Kania
Bürgermeister
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