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AKTUELLES ∎ Nachrichten und Informationen ∎ News vom 27.01.2022

Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus


Im Gedenken an die vielen Millionen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft legt Saalfelds Bürgermeister Dr. Steffen Kania heute ein Blumengebinde auf dem Hauptfriedhof nieder.

 

Der 27. Januar gemahnt uns jährlich an das, was geschieht, wenn freie humanistische Gesellschaften vor mörderischen Ideologien kapitulieren.

Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden von Auschwitz-Birkenau, dem größten Vernichtungslager, das die Deutschen errichteten. Der Name Auschwitz ist seitdem untrennbar mit der industriellen Vernichtung von Menschen verbunden und steht synonym dafür. 60 Jahre nach der Befreiung wurde der 27. Januar durch den damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog per Proklamation zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ ausgerufen.

Im thüringischen Saalfeld/Saale lebten nur wenige jüdische Menschen. Mit der Ausgrenzung wurde dennoch schnell begonnen. Jüdische Einwohner wurden gepeinigt, der Alltag ließ sich für jene nur noch schwer organisieren. Von Anfang an wurden jüdische Geschäfte boykottiert. Schilder mit der Aufschrift „Kauft nicht bei Juden“ waren fortan überall in der Stadt zu lesen. SA-Leute hinderten Kunden daran, jüdische Läden zu betreten, um dort einzukaufen. Von den Deutschen boykottiert und gedemütigt gaben die Juden schließlich ihre Geschäfte auf. Während des Prozesses der Arisierung wurden jüdische Vermögenswerte liquidiert. Deutsche übernahmen nun die ehemals jüdischen Geschäfte.

Leopold Katz, der im Ersten Weltkrieg dem Kaiserreich diente, und seine Frau Fanny besaßen ein Schuhgeschäft in Saalfeld. Während Nazi-Kundgebungen stattfanden wurde der Schriftzug "Schuhhaus-Katz“ hinter Tüchern verhüllt. Nichts sollte das Bild einer „deutschen Stadt“ trüben. Der rassische Wahn trat für jeden sichtbar zutage. Die Eheleute Katz kamen im Zuge der Vernichtung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland im Ghetto Theresienstadt ums Leben.

Ihre Tochter Rosa heiratete 1938 den aus Polen stammenden Juden Jakob Holländer. In Erfurt lebend, wurden beide während der „Polenaktion“ (eine Abschiebeaktion polnischer Juden im Reich, initiiert und geplant von Heinrich Himmler und dem Auswärtigen Amt) verhaftet und an die polnische Grenze verbracht. Von dort wurden sie nach Polen abgeschoben und lebten vor Kriegsausbruch in Krakau. Nachdem deutsche Truppen Polen besetzt hatten, wurde Krakau Teil des Generalgouvernements – ein von den Besatzern geschaffenes Gebiet in Polen, in welches Juden aus dem gesamten Reich und den besetzten Ländern verschleppt, in Ghettos eingesperrt leben mussten. Hier verliert sich die Spur Rosa Holländers (geb. Katz). Ob sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt starb, im Ghetto oder während der Auflösung desselben zu Tode kam, darüber kann nur spekuliert werden. Ihr Ehemann Jakob Holländer erkrankte und starb 1944 im KZ Plaszow, in jenem Lager in dem auch die Schindler-Juden eingesperrt waren.

Wer aufmerksam durch die Straßen Saalfelds geht kann, die im Rahmen eines Kunstprojektes von Gunter Demnig, im Jahr 2008 verlegten Stolpersteine finden. Insgesamt wurden 10 dieser Gedenktafeln aus Messing verlegt. Eingelassen vor den ehemaligen Wohnhäusern der verfolgten Saalfelder Juden, steht auf den Stolpersteinen eingraviert, der Name des Opfers verknüpft mit seinem Schicksal. Sinn des Projektes ist, dass man über diese Steine „stolpert“ und sich herunterbeugen muss, um zu lesen, was auf ihnen geschrieben steht. Symbolhaft soll man sich so vor den Opfern verneigen. Die Steine scheinen Hilflosigkeit auszudrücken, angesichts dessen was jene Menschen ertragen mussten. Doch es ist auch der Versuch, sich in Würde an sie zu erinnern.

Im Rahmen des Gedenktages veranstaltet das Theater Rudolstadt in diesem Jahr wieder eine Lesung zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Um 19 Uhr im Schminkkasten lesen Anne Kies, Marcus Ostberg und Steffen Mensching Ausschnitte aus Interviews mit Überlebenden, die in dem Buch „Nirgendwo und überall zu Haus“ zusammengefasst sind.


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