Doppeltes Gedenken an Thomas Bernhard zu seinem 30. Todestag am 12. Februar
Dr. Renate Reuther spricht in der Saalfelder Bibliothek – und schreibt in den Rudolstädter Heimatheften
Saalfeld. „Thomas Bernhard braucht eine männliche Stimme beim Lesen“, sagt Dr. Gerd Reuther. Deshalb übernahm der bekannte Mediziner am Dienstagabend bei der Veranstaltung in der Saalfelder Bibliothek anlässlich des 30. Todestages von Thomas Bernhard den Part des Vorlesers bei den Textpassagen, die überwiegend aus Bernhards Erzählung „Ein Kind“ stammten – einem Text mit autobiographischem Hintergrund.
Eingeladen hatten die Historikerin Dr. Renate Reuther, die Saalfelder Bibliothek und die Redaktion der Rudolstädter Heimathefte, um an den wohl bekanntesten deutschsprachigen Gegenwartsdramatiker zu erinnern.
Genau vor 30 Jahren, am 12. Februar 1989, ist Thomas Bernhard gestorben. Anlässlich dieses Jubiläums gibt es weltweit nicht allzu viele Gedenkveranstaltungen – und eine davon immerhin in Saalfeld. Das Ehepaar Reuther kann sich aus seiner Wiener Zeit noch gut erinnern, welcher Aufruhr in Österreich herrschte, als das wohl bekannteste Stück des Autors „Heldenplatz“ am Wiener Burgtheater 1988 uraufgeführt wurde.
Das war allerdings nicht der Anlass für die Veranstaltung – diese liegt viel mehr in Thomas Bernhards Saalfelder Zeit begründet, der in seiner Kindheit einige Monate im Kinderheim am Steiger verbrachte und diese Erinnerungen an einen unglücklichen und schwierigen Aufenthalt in seiner Autobiographie bearbeitete. Im aktuellen Rudolstädter Heimatheft ist Renate Reuther diesen Spuren unter dem Titel „Saalfeld, nicht Saalfelden – ein Irrtum in Thomas Bernhards Biographie“ nachgegangen. Und punktgenau 30 Jahre nach seinem Todestag fand nun die Erinnerungsveranstaltung statt, in der das Ehepaar Reuther einem höchst interessierten Publikum Thomas Bernhard eindrucksvoll näher brachte.
Thomas Bernhard war ein ungeliebtes und gedemüdigtes Kind, so erlebte er auch den Aufenthalt in Saalfeld, der vermutlich im Herbst 1941 gewesen sein muss. Wie sich dieser Aufenthalt in seiner Biographie niedergeschlagen hat, das erläuterte Renate Reuther. Auf mehrere Aspekte wies sie besonders hin: Anfang der 1980er Jahre, bei einer Reise in die DDR, machte er den Umweg über Saalfeld, um den Ort seiner kindlichen Erinnerungen zu suchen. Und sie hob hervor, dass der Aufenthalt in Saalfeld und im Thüringer Wald trotz der traumatischen Erinnerungen offensichtlich einen Wendepunkt in seinem Leben brachte. „Nach seiner Rückkehr aus Saalfeld änderte sich sein Leben entscheidend. Er hatte sportliche Erfolge und überwand dadurch unversehens seine Außenseiterrolle“, schreibt sie im Heimatheft.
Saalfeld hatte für Thomas Bernhard auch Positives, so Renate Reuther bei der Veranstaltung ind er Bibliothek: Er erinnerte sich gerne an die überall aufgestellten Mauxion-Schokoladenautomaten und er erlebte die Märchenwelt der Feengrotten. Das sei doch auch für die Stadt Saalfeld eine Chance, auch mit Thomas Bernhard touristisch für das Schaubergwerk zu werben.
Hintergrund – Thomas Bernhard Gedenken in Saalfeld
Thomas Bernhard war übrigens schon vor zehn Jahren ein Thema in Saalfeld – damals hatte Dr. Annelie Morneweg von der Internationalen Thomas-Bernhard-Gesellschaft in der Saale-Galerie gelesen (s. Auszug der Ankündigung hier). Außerdem beschäftigt sie sich in einem ausführlichen Beitrag auf der Internetseite Literaturland Thüringen mit Thomas Bernhard in Saalfeld.
http://www.literaturland-thueringen.de/personen/thomas-bernhard/
Auf dieser Internetplattform hat Detlef Ignesiak in seinem Beitrag über Saalfeld ebenfalls das Thema aufgenommen – und der Autor widmet in seinem Beitrag Thomas Bernhard mehr Zeilen als jeder anderen der Saalfelder Persönlichkeiten.
http://www.literaturland-thueringen.de/artikel/saalfeld/
Zum 80. Geburtstag Thomas Bernhards (und 70 Jahre nach seinem Heimaufenthalt in Saalfeld) war 2011 eine Gedenktafel am Steigerhaus angebracht und eine im Bildungszentrum Saalfeld gefertigte Thomas-Bernhard-Bankgruppe eingeweiht worden. Schließlich machten 2013 die Literarische Gesellschaft Thüringen mit ihren literarischen Exkursionen und mit Thomas Bernhard in Saalfeld Station.
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