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AKTUELLES ∎ Nachrichten und Informationen ∎ News vom 28.05.2020

Ankauf des Oberpreilipper Annenaltars perfekt


Mittelalterlicher Altar dank großzügiger Fördermittel weiter im Stadtmuseum zu sehen

Saalfeld. Fast 20 Jahre nach der Einigung mit dem Herzoglichen Haus Sachsen-Meiningen zum Ankauf von Oberpreilipper Marienaltar und Obernitzer Altar geht nun auch der Oberpreilipper Annenaltar einvernehmlich in städtisches Eigentum über.

Die Stadt kam Anfang des Jahres mit dem Treuhänder des Herzoglichen Hauses Sachsen-Meiningen, Wolf von Trotha, überein, dass, nach mehr als 90 Jahren entgeltloser Leihgabe für museale Ausstellungs- und wissenschaftliche Forschungszwecke, der spätgotische Flügelaltar für 159 000 Euro den Eigentümer wechselt.

Den Ankaufverhandlungen, die ein gutes Jahr andauerten, vorausgegangen war die Einholung entsprechender Gutachten, die den Wert des Annenaltars bestimmten und schließlich die Grundlage für den endgültigen Kaufpreis in Höhe von 159 000 Euro bildeten. Bereits im Oktober 2019 votierte der Saalfelder Stadtrat einstimmig für einen Ankauf, deckelte jedoch den Eigenanteil bei 80 000 Euro. „Deutlich wurde damals schon, dass der Erwerb eines ohne Zweifel bedeutsamen Kulturgutes für eine Stadt der Größe Saalfelds eine große Herausforderung darstellt. Die Stadt bat daher den Freistaat Thüringen sowie die Kulturstiftung der Länder um Mithilfe bzw. Mitfinanzierung“, erläutert Bürgermeister Dr. Steffen Kania. Dieser Hilferuf fiel auf fruchtbaren Boden. Sowohl der Freistaat als auch die Kulturstiftung beteiligen sich analog 2001 mit je einem Drittel an der Kaufsumme.

Unerwartete und sehr großzügige finanzielle Unterstützung zur Finanzierung des städtischen Eigenanteils erhielt die Stadt vom Ehepaar Krzyminski aus dem Taunus, der dem Thüringer Schiefergebirge landschaftlich sehr ähnlich ist. „Unsere Beteiligung am Kauf ist ein Höhepunkt unseres jetzt dreißigjährigen Engagements für Thüringen, Probstzella und die Kunstwerke in der Reichenbacher Kirche“, erklärten beide zum erfolgreichen Vertragsschluss. Brigitte und Dr. Harald Krzyminski nahmen sofort Kontakt zur Stadt auf, als sie vom seinerzeitigen Stadtratsbeschluss hörten, und boten altruistisch ihre Hilfe an. „Ich bin stolz, glücklich und dankbar, dass es auch heute noch schaffendes Mäzenatentum in unserem Land gibt, das uneigennützig Kulturgut für die Allgemeinheit erhält“, so Saalfelds Stadtoberhaupt.

 

Zum Annenaltar:

Laut Inschrift wurde der Annenaltar aus der ehemaligen Marienkapelle vor dem Benediktinerkloster am 20. Dezember 1498 in einer Saalfelder Bildschnitzerwerkstatt fertiggestellt (Anno dni 1498 completa est hec tabvla in vigilia sancti Thome facta est in salfelt - Im Jahre des Herrn 1498 wurde diese Tafel am Vortag des heiligen Thomas vollendet, hergestellt in Saalfeld).

Der spätgotische Flügelaltar mit der zentralen Figur der heiligen Anna selbdritt zwischen weiteren Heiligenfiguren im Schrein und Tafelmalereien auf den Flügeln trägt stilistische Züge des Hofer Meisters des Kürbitzer Altars, der um die Jahrhundertwende für kurze Zeit in Saalfeld tätig war. Von 1480 bis 1520 gab es in Saalfeld/Saale sieben Bildschnitzerwerkstätten, Altäre aus fünf Werkstätten sind im Stadtmuseum noch zu sehen. Nach der Reformation gelangte das Altarwerk zusammen mit dem Marienaltar von 1489 in die Dorfkirche von Oberpreilipp. Er war seit 1860 in herzoglichem Besitz auf Schloss Landsberg bei Meiningen und befindet sich seit 1928 im Thüringer Heimatmuseum Saalfeld. In den 1960er Jahren wurde der Annenaltar restauriert.

 

Zum gesetzlichen und historischen Hintergrund:

Nach § 5 Ausgleichsleistungsgesetzes sind zwischen 1945 und 1949 enteignete „bewegliche Sachen“ an die ehemaligen Eigentümer oder deren Erben als sogenannte Ausgleichsberechtigte rückzuübertragen.

Sämtliche „beweglichen Sachen“ des Herzoglichen Hauses Sachsen-Meiningen waren zum Zeitpunkt der Enteignung Privateigentum der Erben des letzten regierenden Herzogs. Am 16. Juni 2000 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen in Gera den Treuhänder des Herzoglichen Hauses im Sinne des AusglLeistG als Berechtigten fest. Diese Berechtigung erstreckte sich auch auf die drei bedeutenden Flügelaltäre im Saalfelder Stadtmuseum, die nach 1945 als Herzogliches Eigentum enteignet wurden.

Bereits zwischen 1928 und 1945 befanden sich die drei Altäre als Leihgabe des Herzoglichen Hauses im heutigen Stadtmuseum. Während des II. Weltkrieges teilweise ausgelagert und anders genutzt, kamen alle drei Altäre nach 1945 nach Saalfeld zurück. Im Jahre 1941 beantragte das Thüringer Volksbildungsministerium für den Oberpreilipper Marienaltar die Eintragung in die „Liste der national wertvollen Kunstwerke“.

Der Vertrag über die Vermögensauseinandersetzung mit dem Herzoglichen Haus Sachsen-Meiningen nach 1918 und der Leihvertrag von 1928 räumte dem Freistaat Thüringen und der Stadt Saalfeld/Saale ein Vorkaufsrecht an den drei Altären ein, welches unter veränderten in 2001 wahrgenommen wurde.

Am 30. Mai 2001 stimmte der Saalfelder Stadtrat der „Gütlichen Einigung“ zwischen der Stadt Saalfeld/Saale in Thüringen und dem Herzoglichen Haus Sachsen-Meiningen zu. Der Vertrag glich das öffentliche und private Interesse an den Altären im Stadtmuseum dauerhaft und einvernehmlich über das Jahr 2014 aus. Kernpunkte dieses Vertrages waren: Die drei mittelalterlichen Flügelaltäre (Oberpreilipper Marienaltar, Obernitzer Altar und Oberpreilipper Annenaltar) verblieben nach der rechtswirksamen Rückübertragung an das Herzogliche Haus dauerhaft „zu musealen Ausstellungs- und wissenschaftlichen Forschungszwecken“ im Saalfelder Stadtmuseum. Die Stadt erwarb nach der Rückübertragung den Oberpreilipper Marienaltar und den Obernitzer Altar im Wert von insgesamt 890 000 DM. Dieser Erwerb wurde durch den Freistaat Thüringen und der Kulturstiftung der Länder mit je einem Drittel des Kaufpreises gefördert. Zudem überlies das Herzogliche Haus Sachsen-Meiningen den Oberpreilipper Annenaltar als entgeltlose Leihgabe zum dauernden Verbleib im Saalfelder Stadtmuseum.

Der 2020 geschlossene Kaufvertrag setzt nun endgültig einen einvernehmlichen Schlusspunkt unter die Vermögensauseinandersetzung mit dem Herzoglichen Haus Sachsen-Meiningen.


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